Der Körper, unser Sprachrohr

26. Juni 2022

… wenn ein Junge keine Tränen vergiessen durfte, weil echte Indianer keinen Schmerz kennen… wenn ein Mädchen keine eigene Meinung haben durfte… weil Erwachsene „besser“ wissen, was einem Kind gut tut… und tausende von persönlichen Erfahrungen!

Jeder kennt Situationen, in denen er oder sie seine Gefühle zu unterdrücken lernte. Gefühle von Wut, Aggression und Unmut wurden vor allem verurteilt, weil dadurch „Kontrolle“ in Frage gestellt wird. Ich habe alle Gefühle unterdrückt, welche mit Scham oder Schuld behaftet waren. „Schwäche“ zeigen, war für mich undenkbar. Woraus das entstand, weiss ich gar nicht so genau, denn ich weiss, dass auch mein Vater genau diese Gefühle unterdrückte. Es sind zuweilen Muster, welche uns sogar über die Gene weitergereicht wurden. Erbmasse…

Ich bekam ja diese verstärkten Schmerzen fast von heute auf morgen und es war eindeutig, nachdem ich für eine gewisse Zeit in Stress geraten bin und mich selber enorm unter Druck gesetzt habe. Das kann ich jetzt im Nachhinein erkennen. Nun habe ich mich in Todtmoos sehr intensiv mit diesen Schmerzen auseinandergesetzt, nicht zuletzt, weil sie mein ganzes Denken doch sehr beeinflusst haben. Schmerzen zermürben, machen willenlos, wirr, unfrei…

Ich habe z.B. nicht verstanden, weshalb die Schmerzen heftiger werden, wenn ich doch eigentlich Erlösung durch meine intensive Arbeit erhalten müsste. So fragte ich meine Mentorin um Rat – und ich bin so dankbar dafür. Sie erklärte mir, dass es intensiv ist, alte Muster und Strukturen zu durchbrechen und dass, je mehr wir mental ins Heil kommen wollen, sich tiefe Prozesse auch verstärkt zeigen. Jemand, der eine wirklich schlimme Krankheit bekommt, muss sehr viele Emotionen unterdrückt haben. Wenn etwas, wie mein Krebs so tief innen wuchert und sich zu regen beginnt, dann muss sich etwas bewegen, erlösen, ja, alte Muster und Programme brechen auf, die Büchse der Pandora öffnet sich.
Jedes körperliche Zeichen ist intensiver und klarer, je mehr wir uns damit befassen, damit wir mit ihm arbeiten können.
Dass sich unterdrückter emotionaler Schmerz durch diese Prozesse erlösen will, erscheint mir logisch und dass er sich über den Körper löst, weil es eben auf emotionaler Ebene (noch) nicht geschehen konnte, leuchtet mir auch ein. Damit arbeite ich ja. Ich erkläre meinen Klienten, dass der Körper ausdrückt, was auf seelischer Ebene geschieht. Ganz einfach, wie wenn wir vor Freude lachen, vor Glück tanzen, vor Liebe küssen… Er zeigt uns aber auch, wenn wir vor Wut kochen, wenn wir vor Scham weinen, wenn wir vor Traurigkeit zittern… Blöd ist nur, dass wir gelernt haben, genau diese Emotionen nicht zu zeigen, weil es unbequem fürs Umfeld war. So können über Zeiten Blockaden entstehen, die im Körper ihren Ausdruck finden, weil es gar nicht mehr anders geht, weil ein Ventil nötig ist, bevor der Druck zu gross wird. Schmerzen auf körperlicher Ebene zeigen, dass Schmerzen irgendwo auf seelischer Ebene nie ausgedrückt werden konnten, nicht fliessen durften und so zu Blockaden und Verhärtungen geführt haben.

Das theoretische Wissen über den Ausdruck des Körpers mit dem, was im Innern vorgeht, ist eines, aber es wirklich 1 zu 1 zu erleben, wie es mir gerade möglich ist, das ist etwas ganz anderes, aber es ist ein grosses Abenteuer für mich. Sobald ich einen Prozess verstehe, kann ich ihn auch anders begleiten. Mein Verstand will da schon mitreden dürfen!

Ich schreibe das auf, weil ich denke, dass diese Info wichtig ist, denn viele von uns haben emotionale Themen als Kind unterdrücken gelernt und diese zeigen sich jetzt, in dieser intensiven Zeit, wo alte Strukturen aufbrechen MÜSSEN, auf körperlicher Ebene, je nachdem, in welchem Prozess jeder persönlich steckt. Wir sind ja Individuen und jeder hat seinen Rhythmus und Weg.