wunderschönes Tessin

17. November 2023

… es war fast ein bisschen „heimkommen“, als ich am 7. November die steilen Stufen der Scaliere Lupo hoch zur Klinik St.Croce stieg und echt ins Schnaufen kam. Ufffff… aber die Klinik fühlte sich so gut an und das Gespräch mit meiner Ärztin tat gut. Sie scheint immer Zeit zu haben, obwohl es mir natürlich klar ist, dass sie jedem ihrer Patienten dasselbe Gefühl vermittelt. Das macht sie wirklich wunderbar und sie hört zu. Sie hört mich, sieht mich und kennt mich. Auch das tut gut. Ich spüre, wie ich immer weniger kompatibel bin mit der Welt, die um mich herum mit ihrem Alltag, mit ihren Kriegen, Kämpfen, dem Machtgehabe der Menschen, den vermeintlichen Wichtigkeiten… stattfindet. Es fühlt sich manchmal an, als müsste ich auf ein fahrendes Karussell aufspringen und würde es nicht schaffen – ich muss ja nicht. Aber versteht ihr, meine kleine Welt, in der es so sehr darum geht, was mich der Krebs lehren will, wie ich entschleunige und womit ich mich befasse, was mir gut tut, was ich meiden sollte, wie ich es meinen Lieben beibringen kann, wenn ich eben nicht mehr so ticke wie immer, die ist viel langsamer, bedächtiger und friedlicher als der Alltag draussen. Ich fühle mich als Aussenseiterin – hier und da auch, denn leider kann ich mich auch im Kreis anderer Krebskranker nicht integirieren, auch wenn ich natürlich nie alle in einen Topf werfen möchte, aber ich brauche Positivität um mich, ich brauche Menschen, die ebenfalls ein Ziel verfolgen. Ich mag etwas hart tönen, aber es war für mich schon immer schwierig, mit Menschen zu tun zu haben, die sich selber am Liebsten in der Opferrolle sehen und dort gar nicht wegwollen, obwohl sie es vielleicht sagen. Jetzt geht es noch weniger… Oft ist man unter Kranken in einem richtigen Pott von Opfern und auch wenn ich das verstehe und manchmal auch jammere, ich weigere mich, ein Opfer zu sein. Ich habe immer die Wahl! Opfersein ist keine Option für mich und ich denke immer, auch wenn ich an dieser Krankheit früher sterbe, als vielleicht gedacht, muss ich doch zumindest vor mir selber sagen können: du hast alles gegeben, du hast alles versucht, es ist gut. Mehr ging nicht. Ich könnte mir selber nicht ins Gesicht sehen, wenn ich irgendwo ennet der Regenbogenbrücke lande und mein Leben reflektiere ;-). Ja, so sehe ich das. Das ist so individuell wie jeder Fingerabdruck! Ui, jetzt bin ich abgeschweift…

Ja, diese Zeit im Tessin hat gut getan: hier der Blick nach Osten von der Madonna del sasso

der Blick von der Klinik St.Croce nach Locarno. Die Treppen gehen genau so steil bis zum See runter… Muskelkater auf sicher 😉

Der Muskelkater plagte mich dann auch gute 3 Tage und ich liess die Treppen in dieser Zeit gerne aus. Das Raufgehen wäre vermutlich weniger anstrengend gewesen für die Muskeln als das Runtergehen.
Die neue Tablettenkur, welche die Zellteilung verlangsamt und damit den Metastasen an den Kragen soll, hat schon rechte Newbenwirkungen, die mich schlauchen. Es ist, als würde man täglich den Schalter um 2 Zacken höher drehen. Schmerzen im Bauchraum aber auch Kopfschmerzen sind da, eine bleierne, schwere, erschlagende Müdigkeit, die mir so viel Energie und auch Motivation raubt, Nervenschmerzen an Fingern und Füssen (Blusenknöpfe zumachen?-vergiss es), aber seien wir ehrlich… das alles sind nach wie vor „peanuts“. Chemopatienten müssen was aushalten können…

Die homöopathischen Mittel aus der Clinica St. Croce sind dazu da, auf einer weiteren Ebene das Geschehen in mir positiv zu beeinflussen, aber natürlich wäre es vermessen zu erwarten, dass sie alles aufheben, sogar die Nebenwirkungen von Tabletten.

So beisse ich mich gerade etwas durch meine Tage, bin deswegen weniger kommunikativ, kann so schlecht Termine abmachen oder wahrnehmen, ich weiss einfach nie, wie es mir in einer oder sechs Stunden und schon gar nicht morgen und in einer Woche geht. Ich bin so dankbar für all jene, die trotzdem „bleiben“, die mir nicht krumm nehmen, wenn ich mich nicht melde…

Ich vergesse keine/n und bin jeden Tag dankbar für all jene, die diesen Weg mit mir gehen, allen voran Hampi. (jetzt wäre dieses dankbare Emoji mit dem Küsschen genau richtig!)

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